Die vertragsrechtlichen Erfahrungen bei öffentlichen Ausschreibungen (Schulen, Kitas, Bürogebäude) zeigen, wie wichtig es ist, im Werkvertrag die Zielwerte für das Raumklima und die Raumluft zu definieren.

Die nachfolgende Vorlage ist ein erprobter Vorschlag, der aktuell bei vielen Projekten einvernehmlich und erfolgreich von öffentlichen Auftraggebern, Planungsbüros und Bauunternehmen angewendet wird. Es werden normgerechte und hygienische Raumluft-Vorgaben für Neubauten definiert unter Maßgabe des behördlich geforderten Gesundheitsschutzes gemäß MVV TB / LBO. Sie dienen der Optimierung der Qualitätskontrolle und sollen zu einer erfolgreichen Bauabnahme führen.

Raumklima- und Raumluftqualität

Einleitung
Zum Zeitpunkt der Bauabnahme kann es vorübergehend durch Klimaextreme und wegen kurzzeitig erhöhter Restemissionen durch z. B. Farben, Dicht- und Klebstoffe zur Überschreitung von Richtwerten kommen. Grundsätzlich sind umwelt- und gesundheitsverträgliche Baustoffe auszuwählen, die diesbezüglich in einer Risikostoffbewertung geprüft wurden.

Die Innenraumluftqualität orientiert sich an den VOC-Richtwerten in der Handreichung der Ad-hoc Arbeitsgruppe der Innenraumlufthygiene-Kommission (AIR) des Umweltbundesamtes und der obersten Landesgesundheitsbehörden.

Der AG oder das Planungsbüro definiert die notwendigen Zielwerte für die gebäudeklassebezogene Lüftungsplanung. Für die Planung des Innenraumklimas sowie der Lüftung ist die Orientierung an der DIN EN 16798-1 zu empfehlen.

Nach Baufertigstellung hat der Auftragnehmer (AN) eine VOC-Kontrollmessung durchzuführen. Für die Festlegung einer repräsentativen Anzahl an Messungen ist eine Orientierung an den BNB-Kriterien (1) möglich.

Werden vereinbarte Werte nicht eingehalten, dann bekommt der AN die Gelegenheit emissionsreduzierende Maßnahmen und eine Nachmessung, wie im Folgenden beschrieben, durchzuführen.

Raumluft-Zielwerte

Zwischen dem Auftraggeber (AG) und AN werden folgende Zielwerte für die Raumluftqualität gemäß der Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Innenraumlufthygiene-Kommission (AIR) des Umweltbundesamtes und der obersten Landesgesundheitsbehörden festgelegt:
- Einzelstoff-Richtwerte II (ERW II)
- TVOC-Summenwert ≤ 1 mg/m³
- Formaldehyd < 0,1 mg/m³

BEWERTUNG DER MESSERGEBNISSE

  1. Werden die ERW II, der vorgegebene TVOC-Summenwert und der Formaldehyd-Zielwert unterschritten, wird die Nutzung freigegeben.
  2. Gibt es eine Überschreitung der vereinbarten Zielwerte, hat der AN die Möglichkeit Emissionsquellen zu identifizieren, Reduzierungsmaßnahmen durchzuführen und eine Nachmessung zu beauftragen, um eine Freigabe zu erreichen.

Vorgaben für die Raumluftprüfung

Der AN hat die Raumluftkontrollmessungen gemäß der Normenreihe DIN EN ISO 16000 anzubieten und kostenmäßig einzuplanen.

Die folgenden Vorgaben für die Durchführung der Raumluftmessung sind dringend einzuhalten, damit die Ausführung normgerecht stattfinden kann und Messwertverfälschungen vermieden werden.

Messplanung (Beginn spätestens 4 Wochen vor Messtermin)

Messvorbereitung (Beginn 2 Wochen vor Messtermin)

Messvorbereitung (48h vor dem Messtermin)

Durchführung der Messung

  1. Vor dem Raumverschluss muss eine Baufeinreinigung und Entstaubung mit HEPA 13 - Filter und eine ausreichende Be- und Entlüftung der Messräume stattfinden.
  2. Der Messtechniker hat eine Feinstaub-Messung (PM1) zur Dokumentation der Reinigung durchzuführen.
  3. Raumklimaparameter wie Raumlufttemperatur 19–24 °C, Raumluftfeuchte < 65 % rel. LF und CO₂ < 1000 ppm sind einzuhalten. Wenn die Vorgaben nicht eingehalten werden können, sollte der Messtermin nicht durchgeführt werden.
  4. Vor der Messung dürfen keine beweglichen Möbel in den Messräumen vorhanden sein. Nur fest eingebaute Einbaumöbel wie Küchen sind möglich.
  5. Das Betreten des gesamten Gebäudes durch Unbefugte muss vor und während der Messung ausgeschlossen sein. Für die zu messenden Räume muss an der Tür ein Hinweis- / Verbotsschild ausgehängt werden.
  6. Es wird eine Raumluftmessung nach 8 Std. Verschlusszeit (Worst Case, Emissionsquellensuche) und eine nutzungsübliche (45/90 - minütiges Pausenintervall oder gemäß Lüftungsplanung) Messung empfohlen.
  7. Falls eine RLT-Anlage vorhanden ist, ist diese während der Messung im nutzungsüblichen Zustand einzuschalten. Sollte die Anlage Sensor gesteuert (z. B. CO₂) sein, ist die Anlage auf die mittlere Leistungsstufe einzustellen.
  8. Die vom AG vorgegebenen Messräume, die angrenzenden Flure und Räume und die Treppenhäuser müssen vor der Messung beschattet werden. Ansonsten darf nur mit Zustimmung des AN gemessen werden.
  9. Für die Messung werden TENAX- und DNPH-Messröhrchen vorgesehen und die Messung wird gem. Normenreihe DIN ISO 16000 durch einen vom AN beauftragten Messingenieur durchgeführt. Für die Laborauswertung wird ein akkreditiertes Labor beauftragt.

Autoren: Karl-Heinz Weinisch, Dipl.-Ing. Waldemar Bothe, Dipl.-Ing. Robert Simon

Stand der Vorlage: Januar 2023.
Durch neue Erkenntnisse und Änderungen in der Gesetzgebung kann sich die Notwendigkeit von Änderungen ergeben.


Bildquelle: Titelbild von Waldemar Bothe

Fußnoten
(1) Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB), BNB_BN, 3.1.3, Anlage 1 – Randbedingungen zur Raumluftmessung. Grundsätzlich sind auch Vorgaben durch andere Qualitätsverfahren möglich.
(2) LWZ: Luftwechselzahl
(3) rLF: Relative Luftfeuchtigkeit